Molekulare Pathologie: Workshop von Leibniz-IPHT und Jenoptik zeigt großes Potential auf
Seit mehr als 100 Jahren gilt der geschulte Blick eines Pathologen als Goldstandard bei der Bestimmung erkrankten Gewebes. Doch selbst erfahrenste Experten können Ungenauigkeiten in ihrer Einschätzung niemals ganz ausschließen und haben während einer OP unter Zeitdruck oft nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten für eine umfassende intraoperative Diagnose. In einem eintägigen Workshop am Leibniz-IPHT tauschten sich deshalb Ärzte, Wissenschaftler und Technologie-Entwickler über Möglichkeiten aus, die pathologische Diagnostik durch neue photonische Technologien zu ergänzen.
Im Fokus standen dabei Verfahren zur molekularen optischen Bildgebung, die einerseits einen hohen klinischen Nutzen versprechen, andererseits auch gut in den Arbeitsalltag der Ärzte integrierbar sind. Im Workshop wurden hierzu photonische Verfahren besprochen, mit denen sich Gewebe sowohl auf morphologischer als auch molekularer Ebene in Echtzeit charakterisieren lassen. Egal ob biochemische Zusammensetzung oder makroskopischer Aufbau des Gewebes – der Arzt soll damit möglichst noch während der Operation schnelle und zuverlässige Informationen erhalten.
In diesem Zusammenhang stellte Prof. Dr. Jürgen Popp, Direktor des Leibniz-IPHT und Sprecher von Leibniz Gesundheitstechnologien, einen Ansatz zur multimodalen spektroskopischen Bildgebung vor. Diese Technologie hat das Potential, die Grenzen der heutigen Schnellschnittdiagnostik zu überwinden, indem sie bereits im Operationssaal verlässliche Informationen über die Tumorfreiheit von Schnitträndern liefert. Mit einer solchen intraoperativen Bildgebung könnte das zu entfernende Tumorgewebe exakt und schnell während einer OP bestimmt werden, wodurch sich erneute Operationen von Patienten vermeiden lassen.
Auch die Digitalisierung der optisch-molekularen Pathologie eröffnet neue Möglichkeiten: Eine selbstlernende Software könnte Pathologen unmittelbar auf auffälliges Gewebe in bildgebenden Verfahren hinweisen, indem während des Eingriffs mögliche erkrankte Bereiche auf einem Bildschirm mit Markierungen überlagert werden. Eine solche „Augmented Reality“-Lösung ist beispielsweise besonders vielversprechend für die frühzeitige endoskopische Erkennung von Vorstufen von Darmkrebs.
Wie entscheidend eine solche frühzeitige und exakte Unterscheidung von erkranktem und gesunden Gewebe sein kann, verdeutlichte auch Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Jena: „Bei der Behandlung von Kopf und Halstumoren entscheiden wenige Millimeter darüber, ob bei einem Patienten die Sprechfähigkeit erhalten werden kann.“