EU-Projekt CRIMSON: Leibniz-Forscher entwickeln Mikroskop für bessere Krebs-Diagnostik

Leibniz-Wissenschaftler aus Jena wollen gemeinsam mit europäischen Partnern aus Forschung, Medizin und Industrie eine neuartige Mikroskopie-Technologie entwickeln und auf den Markt bringen. Sie soll dazu beitragen, den zellulären Ursprüngen von Krebskrankheiten auf die Spur zu kommen und die Präzisionsmedizin entscheidend voranbringen.

Das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) ist seit Dezember 2020 am länderübergreifende transdisziplinäre Forschungsprojekt CRIMSON — COHERENT RAMAN IMAGING FOR THE MOLECULAR STUDY OF THE ORIGIN OF DISEASES beteiligt. Gemeinsam mit zwei weiteren Jenaer Partnern, dem Universitätsklinikum Jena (UKJ) und dem Lasersystem-Hersteller Active Fiber Systems, und weiteren Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Italien, Großbritannien und Frankreich wird das Leibniz-Institut neue bildgebende Verfahren für die Dignose von Krebserkrankungen entwickeln und zur Anwendung bringen. In CRIMSON soll ein biophotonisches Bildgebungsgerät entstehen, das auf der kohärenten Raman-Mikroskopie der nächsten Generation basiert und fortschrittliche Lasertechniken mit Datenanalyse durch künstliche Intelligenz kombiniert. Die Europäische Kommission fördert das Projekt über 42 Monate mit mehr als 5 Millionen Euro.

Innovative Mikroskopie-Technik für die Bildgebung im Körperinneren

„Unser Ziel ist es, eine innovative, markierungsfreie Mikroskopie-Technologie auf den Markt und in die Klinik zu bringen, die es ermöglicht, anhand eines molekularen Fingerabdrucks Veränderungen in Zellen zu erkennen“, erläutert Prof. Jürgen Popp, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT. Das mikroskopische Verfahren soll perspektivisch auch für die endoskopische Bildgebung im Körperinneren eingesetzt werden und eine schnelle, hochpräzise Gewebe-Diagnostik ermöglichen. „Diese innovative Technologie wird uns die Möglichkeit geben, die Interaktion zwischen Krebszellen im Kopf- und Halsbereich und den Zellen des Immunsystems besser zu verstehen“, ergänzt Prof. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am UKJ. Für das geplante Gerät entwickelt das Jenaer Unternehmen Active Fiber Systems (AFS) einen neuartigen kompakten Faserlaser, der es dann auch zukünftig ermöglicht, dass das erforschte mikroskopische Verfahren direkt in der Klinik eingesetzt werden kann. „Diese Lichtquelle soll für unterschiedliche Bildgebungsverfahren zum Einsatz kommen“, so AFS-Entwicklungsleiter Tino Eidam. 

Multidisziplinäres Team aus international führenden Forschungseinrichtungen

Das bahnbrechende Mikroskop wird dreidimensionale molekulare Bilder von subzellulären Kompartimenten in lebenden Zellen und Organoiden liefern und eine schnelle Gewebeklassifizierung mit beispielloser biomolekularer Empfindlichkeit ermöglichen. Die hohe Aufnahmegeschwindigkeit erlaubt die Beobachtung intra- und interzellulärer dynamischer Veränderungen mit hohen Bildwiederholraten. Zusätzlich zu dem Mikroskop entwickeln die Forschungsteams auch ein innovatives Endoskop für die Bildgebung im Körperinneren. Um künftige In-vivo-Studien zu simulieren, kommt es zunächst für die Untersuchung dicker Gewebeproben ex vivo zum Einsatz. Ein multidisziplinäres Team aus international führenden Forschungseinrichtungen und Unternehmen stellt das Konsortium des Projekts, das vom Politecnico di Milano koordiniert wird. Drei Forschungszentren mit langjähriger Expertise in Photonik, Spektroskopie und nichtlinearer Mikroskopie werden die Mikroskopie-/ Endoskopie-Technologie entwickeln: Neben dem Jenaer Leibniz-Institut für Photonische Technologien sind dies das Politecnico di Milano (Italien) und das Centre National de la Recherche Scientifique (Frankreich). Biomedizinische Partner sind neben dem Universitätsklinikum Jena das Instituto Nazionale Tumori (Italien) und das Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (Frankreich). Sie werden das Bildgebungssystem mit Blick auf offene biologische Fragen in der Erforschung von Krebserkrankungen validieren. Diese sind paradigmatisch für die Komplexität und Heterogenität von Zellkrankheiten.  Die Active Fiber Systems GmbH und drei weitere innovative KMU (Lightcore Technologies, Frankreich; Cambridge Raman Imaging Limited, Großbritannien; 3rdPlace S.r.l., Italien) — darunter ein Hersteller biomedizinischer Geräte — werden die Innovation kommerziell verwerten. Damit schaffen sie einen Wettbewerbsvorteil auf dem europäischen Markt für Mikroskope und F&E-Werkzeuge im Bereich der Biophotonik. Die Ergebnisse haben das Potential, die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten zu verbessern und Kosten im öffentlichen Gesundheitswesen zu senken. Weitere Informationen unter www.crimson-project.eu