Moderne Medizintechnik ermöglicht exakte Vor-Ort-Diagnostik in kürzester Zeit. Doch weshalb brauchen viele Technologien noch immer viele Jahre, bis Ärzte sie in der Routine einsetzen können? Warum finden viele Produkte wenig Akzeptanz?
Im Rahmen dieses Leibniz-Symposiums werden Technologen aus Leibniz-Instituten, Entwickler aus der Industrie und Mediziner diskutieren, welcher konkrete Bedarf in der Diagnostik besteht und welche Gesundheitstechnologien aus Forschung und Industrie eine Verbesserung für Ärzte und Patienten darstellen. Ziel ist es, translationale Kooperationsprojekte zwischen Leibniz-Instituten, forschenden Industrieunternehmen und Medizinern einzuleiten
Leibniz-Symposium „Vor-Ort-Diagnostik: Technologien und medizinischer Bedarf: Wie gelangen Medizinprodukte schneller in die Arztpraxis?"
Schwerpunktthemen:
Termin:
17.05.2022 | 10:30 – 17:00 Uhr
Ort:
KARL STORZ Besucher-und Schulungszentrum Berlin
Scharnhorststr. 3, 10115 Berlin
Prof. Jürgen Popp & Dr. Jens Hellwage
Leibniz Gesundheitstechnologien &
InfectoGnostics Forschungscampus Jena
Anni Matthes
Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Jena
Abstract: Während bei der Entwicklung neuer Testverfahren der Fokus vor allem auf den technischen Möglichkeiten liegt, ist für den späteren Anwender (Ärzte, medizinisches Fachpersonal, Patienten) die medizinische Notwendigkeit eines neuen Verfahrens sowie deren Machbarkeit im Praxisalltag von zentraler Bedeutung. Das Potenzial innovativer Vor-Ort-Diagnostik kann nur zum Tragen kommen, wenn die Bedarfe und Anforderungen des medizinischen Personals frühzeitig berücksichtigt werden. Dies erfordert auf Seite der Entwickler ein Verständnis über die Abläufe und Belange einer Arztpraxis. Ein Austausch zwischen beiden Berufsgruppen – Technologen/Entwicklern und Ärzten – findet jedoch aktuell kaum statt. In dem Vortrag wird die Relevanz dieser Schnittstelle sowie Möglichkeiten einer Annäherung aufgezeigt.
Dr. Anja Silge
Leibniz Institut für Photonische Technologien
Abstract: Der interdisziplinäre Dialog ist die Voraussetzung für die Umsetzung innovativer Technologien in benutzerfreundliche POCT-Anwendungen. Im Vortrag soll aufgezeigt werden, wir der Weg der translationalen Forschung gestaltet werden kann. An gezielten Beispielen wird diskutiert, wie das Profil photonische Messstrategien durch gezielte klinische Fragestellungen geschärft wird, und wie man gemeinsam den Wert neuer Methoden aufzeigt. Das Ziel ist dabei einen Geräteprototyp und einen Workflow zu generieren, der auf das analytische Problem zugeschnitten ist, und die gesetzlichen als auch anwendungsspezifischen Anforderungen erfüllt.
PD Dr. Stefan Rödiger
Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
Abstract: Der schnelle und gleichzeitige Nachweis von DNA- und Protein-Biomarkern ist notwendig, um den Ausbruch einer Krankheit zu erkennen oder eine Krankheit zu überwachen. So sind beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit eine der Hauptursachen für die Sterblichkeit von Erwachsenen. Wir haben eine Biomarker-Evaluierungsplattform entwickelt, die auf der Mikrofluidik-Technologie basiert.
Unser System zielt auf Autoantikörper gegen C-reaktives Protein, natriuretisches Hirnpeptid, Low-Density-Lipoprotein und zellfreie mitochondriale DNA unter Verwendung fluoreszierender Sonden. Für eine schnelle Überprüfung der Daten haben wir die Software "Digilogger" entwickelt, die für die Datenanalyse und -visualisierung verwendet werden kann. In dem Vortrag wird erörtert, wie die Technologie in der medizinischen Praxis eingesetzt werden kann.
Katrin Frankenfeld
Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie – fzmb GmbH
Abstract: Microarray-Multiparameter-Formate eröffnen die Möglichkeit, indikationsbezogene Panel an Analyten gleichzeitig aus einer einzigen Probe bestimmen zu können. Moderne Microarrays sind in allen möglichen Testsystemen verfügbar, wobei sich vor allem Lateral Flow Tests besonders einfach in Routineabläufe beim Arzt als Vor-Ort-Diagnostik integrieren lassen.
Unterschiedliche Parameter parallel in einer hochdichten Anordnung in einem Streifentest unter Erzielung laboradäquater Leistungsdaten bestimmen zu können, stellt jedoch hohe Anforderungen an die Entwicklung und Herstellung dieses Microarray-Formates. Die Möglichkeiten und Limitationen in der Produktion und Anwendung von Lateral Flow Microarrays werden an Beispielen beschrieben.
PD Dr. Bernd Sumpf
Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik & iCampus Cottbus
Dr. Laura Layland-Heni
Dr. Thomas Schumacher
Abstract: Die in-vitro Diagnostik hat einen wachsenden Stellenwert bei der Gesundheitsvorsorge und neue Technologien ermöglichen umfangreiche und schnelle Analysen. Dabei durchlaufen diagnostische Applikationen weltweit einen Wandel - raus aus dem Routinelabor, hin zu neuen Vor-Ort-Systemen für den Einsatz in Notfallmedizin und Arztpraxis. Zur Steigerung des Informationsgewinns und zur Senkung der Kosten setzen viele aktuelle Vor-Ort-Systeme auf einen multiplexen diagnostischen Ansatz.
Wesentliche Erfolgsfaktoren für ein neues Diagnostikum sind dabei die Akzeptanz des Systems durch Anwender und Kostenträger, sowie eine überzeugende diagnostische Performance und Robustheit in der täglichen Routine. Derartige Fragestellungen müssen schon vor Beginn der Entwicklung eines neuen Produkts adressiert und beantwortet werden. Vieles was technisch machbar ist scheitert oft an den genannten Punkten, wie z. B. der späteren Akzeptanz und der Kostenstruktur.
Dr. Robby Markwart
Abstract: Schon in der Konzeptionsphase von POCTs für die Arztpraxis ist es wichtig, frühzeitig den Bedarf und die Anforderungen der Anwender (Ärzte und medizinische Fachangestellte) zu verstehen, um eine bedarfgerechte Entwicklung zu ermöglichen. Im Vortrag wird aus Erfahrungen des Projekts POCT-ambulant (InfectoGnostics Forsachungscampus Jena) berichtet.
Im Projekt POCT-ambulant wird ein strukturiertes und systematisches Programm zur Beurteilung des klinischen Bedarfes und diagnostischen Nutzens von POCTs im ambulanten Versorgungsbereich entwickelt. Als klinisches Begleitforschungsprojekt wird ein aktiver, regionaler Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog aufgebaut, welcher die POCT-Anwender mit Entwicklern und Forschenden vernetzt. Dadurch sollen Erfahrungen und Bedarfe aus der Praxis frühzeitig in die Forschung und Entwicklung von POCTs einfließen.
In der Podiumsdiskussion werden Forscher, Entwickler und Vertreter aus dem Gesundheitswesen besprechen, wie sie einen besseren Austausch untereinander organisieren können, um neue Point-of-Care-Technologien schneller zu den Patienten zu bringen.